20 Prozent höhere Kapazitäten realisierbar

20 Prozent höhere Kapazitäten realisierbar

Die Transformation des Energiesystems beginnt, Bioenergie soll dabei gleich mehrere Aufgaben erfüllen. In Brandenburg ist die Nachfrage groß, die Potenziale sind vorhanden. Auch die wachsende Industrie im Metropolraum Berlin baut darauf.

In Brandenburg stellt Bioenergie bei der Stromproduktion nach Windkraft und Photovoltaik den größten Anteil an erneuerbaren Energien. Die hiesigen Biogasanlagen tragen auf nachhaltige Weise zur Resilienz der Stromversorgung bei. Sinkt der Input aus Sonne und Wind, wird flexible und steuerbare Leistung benötigt. Hinzu kommt die Sektorenkopplung: Strom-, Wärme- und Gasnetze sowie der Mobilitätssektor werden immer enger miteinander verbunden. Dies führt einerseits zur Elektrifizierung von Bereichen, die bislang fossile Energieträger genutzt haben, erhöht also den Strombedarf. Andererseits schafft Sektorenkopplung zusätzliche Optionen zur flexiblen Steuerung der Energiesysteme und neue Möglichkeiten, Strom aus Erneuerbaren zu nutzen statt abzuregeln. Gasförmig und flüssig speicherbare Bioenergie kann in diesem neuen Energiesystem flexibel für die Strom- und Wärmeversorgung eingesetzt oder zurückgehalten werden, um bei Bedarf zusätzlichen Strom zu liefern.

Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) fordert mit Blick auf die Wärmeversorgung deshalb, statt neuer Gaskraftwerke vor allem heimische Potenziale der Bioenergie zu nutzen. In Brandenburg gibt es dazu schon die dezentralen und regional verankerten Erzeugerstrukturen, Bioenergie könnte zukünftig dann noch durch Geothermie komplementiert werden. Der Umbau unseres Energiesystems steht erst am Anfang, aber der Bedarf an Bioenergie ist jetzt schon enorm.

„Im Jahr 2022 war die Nachfrage von Firmen bis zu Privathaushalten deutlich größer als das Angebot“ sagt Ingo Baumstark, Regionalreferent Ost des Fachverbands Biogas. „Projektierer haben in Brandenburg viel zu tun, und das wird in den kommenden Jahren so bleiben.“

Biogas wird in Brandenburg hauptsächlich in sogenannten Blockheizkraftwerken (BHKW) genutzt, die neben elektrischer Energie auch Wärme erzeugen. Diese BHKW speisen den Strom üblicherweise ins öffentliche Stromnetz ein. Ihre Abwärme wird, falls vorhanden, ins Nahwärmenetz eingespeist.

Gerade auch für die Wärmeversorgung spielt die Bioenergie damit eine zentrale Rolle:

„Bei der Wärmeversorgung nun ausschließlich auf zusätzliche wasserstofffähige, aber mit Erdgas befeuerte Gaskraftwerke zu setzen, wäre nicht sinnvoll“, sagt Baumstark. „Wir sollten die bereits vorhanden Bioenergie-BHKW-Anlagen beziehungsweise die dahinterstehende Produktion biogener Brennstoffe sowie noch offene nachhaltige Biomassepotenziale nutzen.“

Bundesweit könne allein der bestehende Biogasanlagenpark bei Fortführung der Umrüstung auf eine flexible Fahrweise zwischen 18 bis 27 Gigawatt gesicherte flexible Leistung bereitstellen, so der BEE. Das entspricht rund 20 Prozent des voraussichtlichen Bedarfs im Jahr 2030. Hinzu kämen Holzheizkraftwerke und andere Bioenergieanlagen. Biogas-KWK-Anlagen als Spitzenkraftwerke ermöglichen zudem eine sinnvolle Flexibilisierung der Stromerzeugung aus Biogas.

Anlagen zur energetischen Nutzung von fester Biomasse wie Holz verfügen in Brandenburg über eine installierte elektrische Leistung von knapp 150 Megawatt (MW). Es gibt bislang 23 große Festbrennstoffanlagen, der Großteil steht in der Nähe von holzverarbeitenden Betrieben. Dort nutzen die Anlagen neben Energieholz aus dem Forst auch Altholz sowie Industrierestholz und Produktionsabfälle. Damit liefern sie Strom und Wärme für den benachbarten Betrieb. Einige Holzheizkraftwerke dienen auch der Fernwärmeerzeugung. Daneben produzieren in Brandenburg Heizwerke mit mehr als 1 MW Feuerungswärmeleistung zusammen 390 MW Wärmeenergie. Um künftig den Bedarf in der Wärmeversorgung abzudecken, für den bislang Gas und Öl verbrannt werden, müssen weitere Biogas- und Biomethan-BHKW sowie Holzheizkraftwerke hinzukommen.

„Die Dynamik bei Biomethan-Anlagen entwickelt sich in Brandenburg aber noch in einem anderen Bereich“, sagt Baumstark. „Die Anfragen aus der Industrie nehmen deutlich zu.“

So kann zu Methan aufbereitetes Biogas ins Erdgasnetz eingespeist oder direkt vor Ort von einem Abnehmer genutzt werden. Eine Anlage in Wriezen etwa verstromt das produzierte Biogas nicht, sondern bereitet es zu Biomethan auf und speist es in das lokale Erdgasnetz ein. So werden in Wriezen 2.500 Haushalte direkt mit Biogas als Erdgasersatz versorgt. Auch für die in Brandenburg zunehmende Zahl der Industriebetriebe ist Biomethan als Alternative zu Erdgas eine attraktive Energiequelle.

„Bei der Transformation unseres Energiesystems ist Bioenergie besonders gefragt“, so Baumstark. Mit weiteren Anlagen im industriellen Maßstab, wie die großen landwirtschaftlichen Betriebe in Brandenburg sie bereits betreiben, sei dies möglich. „Es braucht die entsprechende Unterstützung vom Bund sowie bürokratischen Erleichterungen, dann lassen sich die Kapazitäten schnell ausbauen. Eine Steigerung um 20 Prozent wären in wenigen Jahren realisierbar.“

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